Hochsensibilität
Das Phänomen der Hochsensibilität wurde erstmals 1996 von der US-Psychologin Elaine N. Aron in einem wissenschaftlichen Artikel beschrieben. Sie nannte es "High Sensitivity", was im Deutschen meist als Hochsensibilität, höhere sensorische Verarbeitungssensitivität oder Hochsensitivität übersetzt wird.
Es handelt sich dabei nicht- und das war auch Aron schon damals wichtig- um eine psychische Störung oder Krankheit, sondern um ein angeborenes ( vererbbares) Persönlichkeitsmerkmal, eine individuelle Besonderheit und Begabung. Inzwischen haben neurobiologische Untersuchungen mit der funktionellen Magnetresonanztomographie ergeben, dass Gehirnbereiche, die Sinnesinformationen verarbeiten, bei hochsensiblen Menschen aktiver sind, als im Durchschnitt.
Ca. 15-20% aller Menschen ( und Tiere!) gelten als hochsensibel. Für die Evolution sinnvoll, nehmen diese Sinneseindrücke früher und/oder intensiver wahr, was ursprünglich für den Fortbestand einer Gemeinschaft sehr wertvoll war.
In der modernen Welt ist die Veranlagung zur Hochsensibilität noch zu wenig bekannt und wird eher als Schwäche, Einbildung oder gar als psychische Störung angesehen, da die besonderen Begabungen auch zu Schwächen und Problemen führen können.
Reizwahrnehmung und -verarbeitung
Alle Menschen benötigen ein gewisses Maß an Anregung durch unterschiedliche Reize, um sich wohlzufühlen. Zu wenig Stimulation führt zu Langeweile und Unwohlsein, ein Zuviel dagegen zu Überforderung und Stress, man fühlt sich hilflos, schlimmstenfalls bedroht.
Hochsensible Menschen erreichen den Punkt der optimalen Anregung aufgrund ihres Naturells früher. Wenn es also für die meisten gerade richtig lustig, interessant und spannend wird, fühlen sich HSP ( high sensitive persons) bereits überreizt. Die Ursache liegt darin, das ihr Nervensystem mehr Reize aufnimmt und diese intensiver verarbeitet. Einzelheiten und Eindrücke, vor allem auch emotionale, werden ausführlicher und intensiver wahrgenommen.
Die Sensitivität kann hier in unterschiedlichen Sinnesbereichen liegen, einige sind auf einem speziellen Gebiet besonders empfindlich, es können aber auch mehrere oder alle Bereiche angesprochen sein.
Die Sonnenseiten
Wem es gelingt, mit seiner Hochsensibilität achtsam und positiv umzugehen, dem eröffnen sich wunderbare Möglichkeiten, denn das "Vielfühlen" (Petra Tomschi, "Das Vielfühlerbuch") ist auch eine besondere Gabe.
Aufgrund der vielfältigen Wahrnehmung nehmen HSP auch die kleinen Freuden und Schönheiten des Alltags intensiver wahr. Sie sind häufig kreativ und haben einen ausgeprägten Sinn für Ästhetik. Immer wieder erlebe ich bei der Arbeit mit hochsensiblen Kindern, mit welch großer Freude sie ihre reiche und lebendige Phantasie für sich nutzen können, wenn dies positiv bestärkt wird. Menschen, deren empathisches Empfinden besonders hoch ist, sind häufig sehr gute Zuhörer, was sie nicht nur zu hochgeschätzten Freunden macht, sondern auch prädestiniert für soziale oder therapeutisch orientierte Berufe. Die Wahrnehmungsmöglichkeiten zu nutzen, statt zu unterdrücken ist auch für Erwachsene HSP immer eine wunderbare Erfahrung, die das Selbstwertgefühl stärkt.
Therapieansätze
Verständnis und Akzeptanz zu erfahren und die Sicherheit zu bekommen, mit seinem "Anderssein" nicht allein und außerdem vollkommen in Ordnung zu sein, ist für viele schon eine große Erleichterung. Die wichtigsten Therapieansätze sind die Stärkung der Selbstwahrnehmung und des Selbstbewusstseins. Eine individuelle Anpassung der Möglichkeiten, ist hier besonders wichtig.
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Kontaktieren Sie mich gerne. Auch bei Unsicherheiten zur Abgrenzung zu AD(H)S, Asperger-Autismus, Hochbegabung und Trauma finden wir in Ruhe gemeinsam Lösungen für eine gute, individuelle Unterstützung.